von Marc Konieczny | 20. Nov 2021
Für viele Familienunternehmer ist ihr Unternehmen ihr Lebenswerk. Routiniert beherrschen sie ihr Geschäft, den Umgang mit Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern. Die Nachfolge ist allerdings ein einmaliger Prozess.
Hierbei fehlt die notwendige Erfahrung – oder sie referenziert lediglich auf die erfolgreiche Übergabe des Vorgängergeneration an sie selbst. Die größten Fallstricke der Übergabe an einen Nachfolger resultieren aus einer fehlenden Vorbereitung der Suche, einer falschen Personalauswahl und einer fehlenden Integration des ausgewählten Managers im Unternehmen sowie an der Schnittstelle zwischen Familie, Management und Firma im operativen Geschäft.
Fallstrick 1: Fehlende Vorbereitung
Die Praxis zeigt, dass der Schritt Richtung Wahlmanagement herausfordernder ist und mehr Zeit benötigt als vielfach angenommen. Es bedarf einer gewissen Zeit und Energie, um das eigene Unternehmen „wahlmanagementfähig“ zu machen. Daher ist eine ausreichende Vorlaufzeit wichtig, um die Firma vorzubereiten und für sich selbst neue Aufgaben zu definieren, Kompetenzen aufzubauen und die eigenen Verantwortlichkeiten jenseits der Geschäftsführung bewusst zu werden.
Wie können Sie als Gesellschafter für den Geschäftsführer einen Mehrwert bringen und keine übergriffige Kontrollinstanz sein? Es ist nicht mit einer Gesellschafterversammlung im Jahr getan. Wie arbeiten Gesellschafter und Geschäftsleitung zusammen, und wie sind Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten im Detail verteilt? Es ist nicht genug im Gesellschaftervertrag einen Katalog mit zustimmungspflichtigen Geschäften zu definieren. Zudem ist die Welt von Top-Kandidaten, die wirklich infrage kommen, sehr klein. Auch deshalb sind ein gut vorbereiteter, professioneller Bewerbungsprozess, eine klare Eigentümerstrategie und sauber definierte Aufgaben und Verantwortlichkeiten essenziell. Vorbereitung ist nicht alles, doch ohne Vorbereitung ist alles nichts.
Fallstrick 2: Falsche Personalauswahl
Fehler in der Managerauswahl haben zwei Dimensionen: erstens inhaltlich-fachlich, zweitens persönlich. Jede Entwicklungsphase eines Unternehmens braucht eine Führungskraft mit passendem Profil. Entsteht ein neues Geschäft, braucht es die Fähigkeit, neue Märkte aufzubauen, neue Technologien und Produkte zu entwickeln und gegen Widerstände durchzusetzen sowie technologische oder finanzielle Risiken zu tragen. Ist der Durchbruch gelungen, gilt es, das Wachstum im Markt und im Unternehmen zu bewältigen und sich gegen neue Wettbewerber zu behaupten. Eine schwache Wettbewerbsposition hingegen verlangt einen aggressiven Managertypus oder gar einen Sanierer. Was wie Schubladendenken klingt, ist erfahrene Praxis: Kaum eine Führungskraft ist über alle Phasen und in allen Wettbewerbssituationen die optimale Besetzung. Diese Tatsache wird häufig vergessen, und der neue Managertyp nicht klar genug definiert. Nur sehr große Unternehmen, die aus sehr unterschiedlichen strategischen Geschäftseinheiten bestehen, verfügen bei einem strategischen Wechsel über die Möglichkeiten, eine erfahrene Führungskraft von innen heraus zu besetzen.
Es gibt viele Beispiele, bei denen die Fähigkeiten der Führungskraft nicht zu den Herausforderungen des Unternehmens passen: Erfahrene Manager aus Konzernen sind erfahrungsgemäß selten in mittelständischen Strukturen erfolgreich; Erfolge im Anlagenbau helfen in projektorientierten Geschäftsmodellen, können aber in der Massenproduktion geringere Wirkungskraft erzeugen; Produktionsunternehmen und Handel sind sehr unterschiedliche Welten. Die Auswahl von Personen mit fehlender Branchen- oder Funktionsexpertise sowie einer Prägung durch Unternehmen mit einer sehr unterschiedlichen Unternehmensgröße sind die häufigsten Ursachen für strategische Fehlbesetzungen in der Geschäftsführung.
Viele Familienunternehmen zeichnen sich durch starke Unternehmenskulturen mit ausgeprägten Kommunikations- und Entscheidungsstrukturen an der Schnittstelle zwischen Firma und Familie aus. Ein Auslöser für Krisen können in Bezug auf die Geschäftsentwicklung nichtkompatible Entscheidungs- und Erwartungsstrukturen im Gesellschafterkreis sein. Wird zum Beispiel eine Dividende nicht gezahlt, ist ein Konflikt unter den Eigentümern vorprogrammiert. Dann leidet die strategische Ausrichtung des Unternehmens, wichtige Projekte werden nicht mehr oder nur zögerlich angepackt, und das Management gerät unter massiven Druck. Scheut sich die Familie, notwendige harte Maßnahmen wie etwa eine Standortschließung, eine Produktionsverlagerung oder die Aufgabe eines traditionsreichen Geschäftsbereichs durchzusetzen, verstärken sich die Probleme kontinuierlich. Ein erfolgreiches Wahlmanagement muss daher über ausgeprägte kulturelle Sensibilität verfügen und den Kommunikationsstil seiner Entscheidungen und Handlungen adäquat anzupassen. Dies gilt nicht nur im Unternehmen und nach außen, sondern auch der Unternehmerfamilie gegenüber. Personen, die nicht fähig sind, die Kommunikations- und Machtstrukturen innerhalb der Familie zu erkennen und sich darauf einzustellen, werden in Familienunternehmen keinen Erfolg haben.
Fallstrick 3: Schlechte Integration
Der dritte große Fallstrick ist eine unzureichende Integration der neuen Geschäftsführung in das Unternehmen. Insbesondere in der direkten Nachfolge eines Familienmitglieds muss diese aktiv geplant und die bestehende Organisation auf die neue Firmenleitung vorbereitet werden. Es ist natürlich, dass sich Organisationen über Jahre und Jahrzehnte den Besonderheiten der Führungsspitze anpassen. Vor allem, wenn es sich bei der Führung um Inhaber des Unternehmens handelt, erfolgt die Organisation des Unternehmens um die Person herum. Bei jedem Wechsel wird sich diese natürliche Organisation ändern müssen.
Bei dem Wechsel zu einem externen Management ist die Änderung aber größer als beim Wechsel zu einem weiteren Familienmitglied, da dem Manager die Legitimation durch direktes Eigentum am Unternehmen fehlt. Es kommt zu den altbekannten Aussagen wie: „Das haben wir immer so gemacht.“ Oder: „Er wollte das aber immer so.“
Nicht selten wenden sich Personen, die jahrelang an ein Familienmitglied berichtet haben, auch nach einem Wechsel zu einem familienexternen Management weiterhin direkt mit ihren Wünschen an das Familienmitglied. Toleriert die Familie dies, kompromittiert sie das neue Management. Es fehlen klare, sichtbare Strukturen zwischen Unternehmen und Familie, die das Zusammenspiel regeln und die beiderseitig akzeptiert und eingehalten werden. Diese Strukturen müssen im Vorhinein geplant und spätestens mit dem Wechsel zu einem Wahlmanagement implementiert werden.
Fallstrick 4: Schnittstelle zwischen Unternehmen und Familie
Last but not least können mit Wahlmanagern keine intrafamiliären Probleme gelöst werden. So kann ein „neutrales“ Wahlmanagement ein Baustein der Schlichtung verfeindeter Familienstämme sein. Eine endgültige Lösung ist es aber nie. Umgekehrt droht eher die Gefahr, dass externe Manager zwischen divergierenden Interessen innerhalb der Familie zerrieben werden. So nah Wahlmanagement in Familienunternehmen der Familie auch stehen können, sie sind keine Familienmitglieder und werden in Konfliktfällen mit divergierenden Interessen zwischen Firma und Familie eher auf der Seite des Unternehmens verortet.
Sollen Familienunternehmen mit komplizierten familiären Gegebenheiten mit neuen Geschäftsführungen besetzt werde, steigen die Anforderungen an die Persönlichkeit und die Erfahrungen der Kandidaten stark an. Selbstverständlich ist für alle Beteiligten die Lösung der Probleme innerhalb der Familie die erfolgversprechendste Möglichkeit.
von Marc Konieczny | 19. Nov 2021
Wie es zu der Stewardship-Gesellschaft kam und warum sie auch einen hohen ökonomischen Effekt haben wird, lesen Sie dazu in Kürze in einem Leitmedium.
Familienunternehmen bilden das Rückgrat der deutschen Wirtschaft: 90% der aktiven Unternehmen sind FU. Sie machen 58% der Gesamtbeschäftigung und 52% des Gesamtumsatzes in Deutschland aus. Zudem wächst die Anzahl der Beschäftigten in FU schneller als beispielsweise im DAX-Bereich (Stiftung Familienunternehmen). Börsennotierte Familienunternehmen erwirtschaften eine höhere Eigenkapitalrendite als Nicht-Familienunternehmen. Was auf eine bessere Positionierung und ein besseres Management hinweist.
Das langfristige Engagement der Eigentümer und die enge persönliche Beziehung der Familien zu ihren Unternehmen sind ein wichtiger Grund für die bessere Performance. Hier ist wird anders mit Risiko und Verantwortung umgegangen als in Unternehmen mit einem anonymen Eigentümer, der weit weg vom Geschäft ist. Die Familie ist ein sehr wichtiger Teil des Erfolgs, trägt aber nicht allein zum Erfolg des Unternehmens bei. Oft ist es erst die erfolgreiche Zusammenarbeit mit familienexternen Vorständen und Geschäftsführern, die den Erfolg des Unternehmens sichern.
Mit dem in diesem Zusammenhang oft verwendeten unsäglichen Begriff des „Fremdmanagements“ assoziiert man immer sofort an die klassischen Nachfolgethemen. Der Patriarch tritt ab und ein Unbekannter kommt von außen. Diese Fälle gibt es und sie sind höchst anspruchsvoll. Mit „fremd“ schwingt aber auch gleich etwas Negatives mit. Jemandem, der einem fremd ist, sein Lebenswerk oder die Führung des Unternehmens und damit auch des Vermögens anzuvertrauen, dass passt doch nicht. Wir sprechen daher von familienexternem Management oder noch prägnanter: Wahlmanagement, dem Management der Wahl.
Häufig arbeiten aber Familienmitglieder und familienexterne Führungskräfte Hand in Hand. Diese Unternehmen sind erfolgreich und wachsen. Mit dem Wachstum werden weitere Führungskräfte oder spezifische Erfahrungen benötigt. Insbesondere dann fällt es vielen Familien schwer den Geschäftsführungsbedarf komplett aus der Familie zu decken. Ein Problem ist, dass es einfach nicht genug mögliche Nachfolger aus der Familie gibt. Ein anderes Thema ist der Wille potenzieller Nachfolger ihr Leben auch in dem eigenen Familienunternehmen zu verbringen. Wenn man lieber Arzt, Jurist, Architekt oder Lehrer werden möchte, steht man halt nicht für die Geschäftsführung zur Verfügung. Daher sind Familienunternehmen auf familienexterne Führungskräfte angewiesen.
Die Arbeit als Nicht-Familienmitglied in einem Familienunternehmen ist aber eine ganz besondere Herausforderung. Man arbeitet quasi zwischen Unternehmen und Familie. Die eben erwähnte enge Verbindung zwischen dem Eigentümer und dem Unternehmen stellt eine besondere Herausforderung für das Management dar. Daher muss nicht nur das Unternehmen, sondern auch das Verhältnis zur Familie professionell gemanagt werden. Dieses Management zwischen Unternehmen und Familie ist nicht jedermanns Sache und ist in keiner Beziehung trivial. In der Presse sind häufig die Fälle zu lesen, bei denen es nicht funktioniert. Dann liest man in der Schlagzeile 75jähriger Inhaber entlässt CEO und übernimmt die Geschäftsführung wieder selbst. Und, diese Fälle kommen auch vor. Von den vielen Fällen, in denen es sehr gut läuft, liest man leider weniger. Das möchten wir nun ändern.
Betrachtet man die Erfolgsfaktoren für eine langfristig erfolgreiche Zusammenarbeit genauer, fallen zwei Punkte besonders ins Auge: Charakter und Chemie. Der Charakter bzw. Persönlichkeit des Fremdmanagers muss passen und die Chemie zwischen den handelnden Personen muss stimmen. Das Thema Charakter hat Warren Buffett einmal sehr schön anschaulich beschrieben. Wenn es um Einstellungen für seine Beteiligungsunternehmen geht, schaut er auf die drei I: Intelligenz, Initiative und Integrität. Ohne Intelligenz fehlt die Grundlage des Könnens. Ohne Initiative und harte Arbeit wird kein Erfolg zu erwarten sein. Ohne Integrität hat man aber ein richtiges Problem. Buffets rat ist hier: wenn die Person nicht integer ist, sollte man hoffen, dass sie nicht intelligent und faul ist. Andernfalls habe man ein richtiges Problem.
Aus unserer Sicht passt das Bild von Buffett sehr gut. Die Integrität wird den Ausschlag geben. Ehrlichkeit, Bescheidenheit und Verlässlichkeit sind hier sehr wichtige Tugenden. Zudem müssen die Führungskräfte demütig sein. Dies ist nicht mit Unterwürfigkeit zu verwechseln. Es bedeutet vielmehr für sich selbst zu akzeptieren, dass man niemals zur Familie gehören wird und, dass das Unternehmen und dessen Geschichte immer größer ist als man selbst. Diese Demut täte sicherlich allen Führungskräften gut. In Familienunternehmen ist sie aber besonders wichtig.
Der zweite wichtige Erfolgsfaktor ist die Chemie. Das ist immer schnell gesagt und niemand widerspricht. Aber, was heißt das denn eigentlich? Einerseits gibt es eine gewisse Sympathie oder den berühmten Nasenfaktor. Sicherlich hilft es, wenn man sich persönlich sympathisch ist. Wirklich entscheidend ist das aber noch nicht. Der weniger leicht ersichtliche, aber höchst wichtige Teil der Chemie sind geteilte Werte, Ziele und Einstellungen. Diese sind nicht immer direkt offensichtlich, machen aber letztendlich den eigentlichen Unterschied. Wenn es hier nicht passt, wird es langfristig nicht zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit kommen können. Wenn es jedoch passt, dann können beide zusammen sehr erfolgreich sein. Dann wird Fremdmanagement zum Wahlmanagement.
Man sieht schon in den wenigen Punkten, dass das Zusammenspiel zwischen Eigentümern und externen Führungskräften etwas ganz Besonderes ist. In der öffentlichen Wahrnehmung stehen häufig die Unternehmerfamilien im Rampenlicht. Es gibt Forschungsinstitute, Stiftungen etc. die sich mit den Unternehmerfamilien und ihrer Funktionsweise beschäftigen. Das ist alles richtig und wichtig. Es gibt aber leider viel weniger Bemühungen um das Verständnis der Situation der Wahlmanager.
Um diese Lücke zu schließen, haben wir die Stewardship-Gesellschaft gegründet. Ziel ist es die Beziehungen zwischen Management und Familie besser zu verstehen und durch deren Optimierung Familienunternehmen noch stärker zu machen. Wir möchten das Verständnis verbessern, Dialog ermöglichen und positiven Wandel initiieren.
Die externen Führungskräfte mögen in den verschiedensten Industrien arbeiten und dafür unterschiedliche Fähigkeiten benötigen. Im Hinblick auf den Umgang mit der Familie und der Gestaltung des Miteinanders stehen sie aber alle vor vergleichbaren Fragestellungen.
Dies erfahren wir in unserer täglichen Praxis. Zudem haben wir Anfang 2020 eine Studie mit über 500 familienexternen Managern zum Thema „Attraktivität von FU für familienexterne Manager“ durchgeführt und dabei viele persönliche Interviews geführt. Diese Berichte waren der Impuls, die SG als Plattform für diese Gruppe gründen. Dabei wurden uns viele konkrete Fälle berichtet, die deutlich machen, auf welchen unterschiedlichen Ebenen die Themen der SG verankert sind:
- Wechsel in GF: Ein junges Familienmitglied soll Nachfolger des Unternehmers werden und tritt in die GF ein, der familienexterne GF ist daher nur übergangsweise in die CEO-Rolle und soll den Nachfolger vorbereiten.
- Krankheit: Beim dem Haupt-Gesellschafter schreitet eine schwere Krankheit schreitet schnell voran. Dies führt zu schwierigen Situationen und Entscheidungen in den Sitzungen und darüber hinaus.
- Familienzwist: Die unterschiedlichen Stämme verstehen sich nicht, die einen wollen investieren, der andere nicht.
- NextGen: Neue Generation der Gesellschafter mit ganz anderen Arbeitsweisen, unterschiedliche Erwartungen Junior/Senor, der Top-Manager steht dazwischen.
Auch bei den ersten Treffen innerhalb der Stewardship-Gesellschaft wurde dieses sehr schnell deutlich. Es dauerte nicht lange, bis sich Geschäftsführer und Vorstände sowie Beiräte aus den unterschiedlichsten Industrien über Governance-Strukturen zur Familie, NextGens und die individuellen „Funktionsweisen“ der jeweiligen Unternehmensfamilien austauschten. Alles mit einem Höchstmaß an Respekt, aber mit dem großen Wunsch von einem Austausch zu profitieren.
Dies spornte uns an, eine Plattform für eben genau diese Gruppe innerhalb der Familienunternehmen weiter aufzubauen. Ein erstes konkretes Ergebnis ist ein Kodex von und für familienexternes Management in Familienunternehmen. Zukünftige Themen könnten Best-Practices für Beiräte sein. Auch das Thema Innovation in Familienunternehmen ist hoch aktuell.
Wir möchten damit die Zusammenarbeit zwischen dem Management und der Familie weiter verbessern. Und das ist nicht nur ein Wohlfühlfaktor. Spannungen zwischen Management und Familie schlagen sich immer auch in der Organisation nieder. Im besten Fall bleibt man unter seinen Möglichkeiten. Im schlechtesten Fall ist das Unternehmen gelähmt und entwickelt sich nicht weiter. Damit wird die Arbeit der Stewardship-Gesellschaft auch einen ökonomischen Effekt haben.
von Marc Viebahn | 19. Nov 2021
Warum nennt sich die Stewardship-Gesellschaft eigentlich Stewardship-Gesellschaft? Hier erfahren Sie die Hintergründe.
Lange Zeit wurde in der Beziehung zwischen Unternehmer und familienexternem Management ein inhärenter Interessenskonflikt vermutet – im wissenschaftlichen Bereich ist dies als »Prinzipal-Agent-Konflikt« bekannt. Der Manager verhalte sich strikt opportunistisch und sei nur durch äußere Anreize zu motivieren. Daher seien strikte Kontrollstrukturen und ausgefeilte Anreizsysteme notwendig. Der Begriff des »Fremdmanagers« drückt dies entsprechend aus.
Im Kontrast dazu hat sich seit den 1990er Jahren die Stewardship-Perspektive entwickelt. Sie geht davon aus, dass die Ziele von Inhabern und Managern kongruent sein können. Manager verhalten sich demnach eben nicht rein opportunistisch, sondern haben selbst ein Interesse, sich im Sinne des Unternehmens zu verhalten, und unterstützen dieses von sich aus. Vertrauen und Akzeptanz zwischen Inhaber und Management treten an die Stelle von Misstrauen. Vor diesem Hintergrund sind die Governance-Strukturen nicht mehr als Kontrollstrukturen, sondern vielmehr als Unterstützung zu interpretieren. Das Management erhält weiträumige Entscheidungsspielräume.
Zusätzlich steht der Begriff des »Stewardships« für Langfristigkeit, Sorgsamkeit und die Aufgabe die Unternehmen im besten Sinne treuhänderisch für kommende Generationen zu entwickeln. Hier treffen sich die Perspektiven der Inhaber und der familienexternen Führungskräfte. Die Inhaber entwickeln das Unternehmen für die zukünftigen Eigentümergenerationen. Die familienexternen Vorstände und Geschäftsführer sichern die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens auch dadurch, dass sie die nächste Generation von Führungskräften fördern und entwickeln. Alle haben gemeinsam den Anspruch, zum Ende ihrer Tätigkeit ein leistungs- und zukunftsfähiges Unternehmen zu übergeben.
Die Mitglieder der Stewardship-Gesellschaft teilen genau diese Grundeinstellung und Interessen. Durch ihre Vorgehensweise (die drei I: Insights, Interaction und Impact) fördert die Stewardship-Gesellschaft das Ziel eines optimalen Miteinanders zum langfristigen Wohle des Unternehmens. Dieser Stewardship-Leitgedanke ist in dem von den Kommissionsmitgliedern erstellten Verhaltenskodex für familienexterne Führungskräfte in Familienunternehmen verankert. Daher ist es nur folgerichtig, die gemeinsame Plattform auch »Stewardship«-Gesellschaft zu nennen.